Selbstbau - Tonarm "The Unswayed"
Aufbau
Der Aufbau des Tonarms gestaltet sich letztlich recht einfach. Alle Teile werden entsprechend der Gesamtzeichnung (Bild 1) zusammengesteckt, gepresst, geklebt oder geschraubt (Bild 2) - einzig der Lagerfaden bedarf besonderer Aufmerksamkeit.
Ok, im folgenden ein wenig detaillierter und mit ein paar bunten Bildchen garniert.
Lager
Lagerstück (Bild)
Lagerbock seitlich und mit Blick über den Lift auf die Lagerpfanne für den unteren Magneten.
In der Aufsicht auf den Lagerbock ist gut zu erkennen, dass dieser entgegen der Zeichnung doch zweiteilig gefertigt worden ist. Ich war gespannt wie der Modellbauer die kompliziert zu fertigen und ggf. Handarbeit erfordernden Durchbrüche schaffen würde. Hierfür könnte man stellenweise kleine fertigungsbedingte Radien zulassen anstelle der scharfen Kanten. Offensichtlich gestaltete sich dies doch als zu aufwendig und so muss ich wie Schröder Reference Besitzer mir Verstiftungen und Verschraubungen leben. Die relevanten Masse (Magnetpfannen) wurden trotzdem in einer Aufspannung gefertigt und hinsichtlich der Steifigkeit des geschlossenen Profils ergeben sich so auch keine Beeinträchtigungen.
Damit der Fixierungsstift aus Edelstahl keine unschönen Kratzer auf dem Lagerstück hinterlässt, wurde kurzerhand ein Stück Vlies (Bild 3) aufgeklebt.
Rändel zur Dämpfungs- und Antiskating-Einstellung. Achtung: Auf der Zeichnung fehlen die Toleranzangaben für die spielfreie Passung des 9er-Masses.
M4-Senkschrauben zur Aufnahme des Lagerfadens. Hier in einer ersten Version mit Carbonfilamenten und 2-Komponentenkleber-Tropfen anstatt Knoten zu sehen. Diese Materialien sind allerdings nicht zur Nachahmung empfohlen, wie wir gleich sehen werden.
Wenn alles passt, sollte es ungefähr wie folgt aussehen: Bild 1 und 2.
Um der Gefahr des Fadenbruchs vorzubeugen, ist die Dämpfung noch klein gewählt (Magnete mit grossem Abstand) und das Gesamtwerk im "Trockenlauf" ohne Tonabnemer. Über mehrere Tage wurde die Dämpfung erhöht und erste Probeläufe mit dem nicht ganz so teueren Goldring Eroica unternommen - die Auswirkungen eines Fadenbruchs und bombenfest aneinanderhaftenden Magneten bei in der Rille laufender Nadel sind schliesslich wenig erquickend. Nach einigen Wochen ist keine Streckung der Aramidfilamente mehr zu erwarten (die ohnehin nicht wahrnehmbar war) und das Lager sollte sich als dauerfest erweisen.
Lagerfäden
Wie eingangs unter Idee "Frank über Frank" bei der Beschreibung des Lagerkonzepts schon angesprochen, kommt der Beschaffenheit des Lagerfadens eine besondere Bedeutung zu. Nicht zuletzt aus diesem Grund, ist dies auch ein Punkt über den sich Frank Schröder in seinen Postings gerne ausschweigt.
Zugfestigkeit: Diese sollte möglichst hoch sein, da dauerhaft einige Kilogramm magnetischer Anziehungskraft und das Eigengewicht des Tonarms auf den Faden einwirken. Hinzu kommen noch dynamische Kräfte beim mehr oder minder geschickten Hantieren des Tonarms. Das sollte der Faden dauerhaft ohne Probleme aushalten können ohne dabei Kletterseildicke haben zu müssen - denn es soll schliesslich ein "Einpunktler" ohne unerwünschte Seitenführungskräfte durch die Seildicke bleiben.
Elastizitätsmodul: Auch das sollte möglichst hoch sein, denn eine schleichende Streckung, die die Dämpfung verändert oder gar die Magnete sich gefährlich nahe kommen liesse, ist schliesslich unerwünscht.
Umwelteinflüsse: Eine Dehnung oder Veränderung der Eigenschaften durch Luftfeuchtigkeit oder Wärme ist ebenfalls unerwünscht. Nylonfäden aus dem Modellbau, Angelschnüre u.a. sind somit schon einmal auszuklammern.
"Knickfestigkeit": Sehr sprödes Material bricht, wenn man es verknoten möchte. Aus diesem Grund lässt sich auch in Carbon-Filamente kein Knoten machen.
Die folgenden in Bild 1 und 2 zu sehenden Multifilamente standen, unter der Berücksichtigung der genannten Anforderungen, zur Verfügung: Ganz links - Carbon-Multifilament mit ca. 6000 Einzelfilamenten, zweite von links - Aramid-Fasern (Kevlar) aus 1000 Einzelfilamenten, dritte von links - PS-umhäkeltes Carbon-Multifilament aus 3000 Einzelfilamenten und rechts - Selbiges aus 1000 Einzelfilamenten.
Wie unter Punkt 4 beschrieben sind C-Fasern nicht knotbar (ich habe es trotzdem probiert und die Haftkräfte der Magnete zu spüren bekommen), die Eigenschaften für das Vorhaben aber ansonsten perfekt: Nahezu vernachlässigbare Dehnung (noch unterhalb von Aluminium) und sehr hohe Festigkeit. Daher wollte ich nicht zu früh aufgeben und habe mit 300er 2-Komponetenkleber (im Backofen erreichbare maximale Endfestigkeit von 3000 N/cm2, von der bei Raumtemperatur immerhin noch knapp die Hälfte übrig bleibt) kleine Klebertropfen anstelle der Knoten angebracht: Bild 1.
Kurz: Auch so geht es nicht. Hat ein paar Tage im "Trockenlauf" durchgehalten, um dann bei Torsion an der Sollbruchstelle (Übergang Klebetropfen zu Multifilament) abzuscheren. Ein weiterer Nachteil der Klebetropfen ist deren geometrische Ausdehnung. So vergössert sich der Abstand der unteren Senkschraube zum Magneten um die Abmessungen des Klebetropfens. Und mir ist dieser immer signifikant grösser als ein Knoten gelungen.
Als guten Kompromiss aus hoher Zugfestigkeit und Steifigkeit bei gleichzeitiger "Knotbarkeit" haben sich schliesslich die Aramid-Fasern herausgestellt. Die entsprechende Konfiguration aus Bild 2 ist trotzdem nach ein paar Tagen am Knoten abgerissen. Kurzfristig war ich geneigt zu glauben, Frank Schröder habe tatsächlich einen unbekannten Wunderstoff aufgetan. Hat er wahrscheinlich nicht: So stellte sich schliesslich ein kleiner Grat an der Senkschraube (im Bild 2 rechts an der linken Schraube andeutungsweise zu erkennen) als der Übeltäter heraus. Dieser schnitt beim festen Anschrauben der Senkschraube an den Magnet die Aramid-Fasern an un. Diese Vorschädigung führt schliesslich bei Torsion der Multifilamente zum Bruch. Abhilfe schaffte schliesslich das Entgraten der kleinen Durchgangsbohrungen und ein nicht allzu festes Anpressen des Knotens an den Magneten.
Die Knoten sind übrigends normale Achterknoten. Einer oberhalb des Magneten und zwei oder drei in der Senkung der oberen Schraube. Bezüglich des Knotens ranken sich ja auch diverse Mythen was die beste seemännische Verknotung angeht. Solange der untere Knoten gleichmässig und axialsymmtrisch am Bohrloch anliegt, sollten sich hier keine Einflüsse am Lager ergeben. Ich habe es tatsächlich einmal mit einem mir nicht mehr bewussten Knoten geschafft, dass der Tonarm in merklicher Schieflage am Faden hingt. Das sollte man natürlich vermeiden. Zur Sicherheit habe ich daher in der finalen Version die Knoten mit ein wenig aufgepinseltem Sekundenkleber fixiert.
Magnete
Um die magnetischen Eigenschaften der D=9x5mm Neodym N50 Magnete nicht zu verändern, werden die Magnete nicht eingepresst, sondern wie unter Idee "Frank über Frank" schon angekündigt eingeklebt. Letztlich wurde Sekundenkleber gegenüber dem oben beschriebenen 2-Kompenentekleber der Vorzug gegeben. Ausschlaggebend war, dass einerseits der deutlich dünnflüssigere Sekundenkleber sich besser vollflächig auftragen lässt (besonders gut geht das mit dem aus dem Fläschchen mit Pinsel) und die Magnete so eben zu liegen kommen. Andererseits ist die Endfestigkeit bei einer Aushärtung unter Raumtemperatur vergleichbar dem des 2K-Klebers. 2K-Kleber können durch ihre zähflüssige Konsistenz ideal kleine Unebenheiten ausgleichen. Bei den perfekt plan gefrästen Magnetpfannen ist dies nicht notwendig. Zudem kann das grössere Klebervolumen nirgendwohin ausweichen, da es sich um spielfreie Passungen handelt.
Bild 1: Magnetpfanne im Lagerbock. Die kleine Bohrung dient der Entlüftung beim spielfreien Einschieben des Magneten.
Bild 2: Magnet sitz, wackelt nicht und hat auch keine Luft.
Bild 3: Der gleiche perfekte Sitz im Lagerstück.
Basis
Bilder der Basis.
In Bild 3 und 4 ist der O-Ring mit der Schnurdicke von 5mm schon eingefügt. Im Hintergrund ist jeweils der Lagerbock zu sehen.
Die spezielle Konterschraube, die später den Lagerbock fest mit der Basis verspannen kann.
Gewichte
Bild 3: Auch das schwere Gewicht ohne POM-Hülse passt auf das Lagerstück.
In allen Fäll muss ein leichtes Verschieben des Gewichts am Lagerstück möglich sein, damit sich Auflagekraft und ggf. auch der Azimuth feinfühlig einstellen lassen. Von zusätzlichen kleinen Anschraubgewichten oder Madenschrauben am Gewicht halte ich nichts. Dies erleichtert zwar die Feinjustage, aber meiner Meinung nach haben bewegliche Teile - ausser im Tonabnehmer natürlich - am Tonarm nichts zu suchen: Alles was sich bewegen lässt kann auch schwingen. Selbst mit meinen grobmotorischen Fähigkeiten war auch ohne derartige Hilfseinrichtungen eine perfekte Justage möglich.
Headshell
DIY-Headshell frei nach Frank Schröder (Bild 1 und 2)
Zum Vergleich eine kleinere Headshell von Musical Life aus "GPG-Aluminium" und mit kürzerem Anbindungsstutzen an das Tonarmrohr.
Zusammengeschraubt
Alle Metallteile im Zusammenbau.
Um nicht immer von dem "Nicht-Schröder-Klon-Selbstbau-Tonarm-mit-Lager-nach-Schröder-Patent" schreiben zu müssen, habe ich mich entschlossen diesem Projekt einen Namen zu geben: The Unswayed - zu deutsch "der nicht in Schwingung zu Versetzende" oder auch "der unbeeiflusst (einer Modeströmung) Entwickelte". Beim Anblick der massiven Konstruktion (Bilder) ein gut passender Name, wie ich finde.
Basis für Mitlaufbesen Unisweep
Da mein Modellbauer eine so saubere und masshaltige Arbeit geliefert hatte, qualifizierte er sich zusätzlich für die Fertigung einer polierten Aluminiumbasis für den Transrotor-Mitlaufbesen. Die Firma Transrotor zeigte sich auf eine entsprechende Anfrage hin weniger hilfreich (oder auch nur freundlich). Das Ergebnis (Bild 1 und 2) steht im Finish dem Transrotor in Nichts nach.
Der unten eingedrehte Radius in Bild 1 dient - wie bei der Tonarmbasis auch - dem Einfügen eines O-Rings. Dadurch steht der Mitlaufbesen verrutschfest und kippelt nicht auf unebenen Untergrund - wie etwa einer gebrochenen Schieferplatte.
Armrohre und Kabel
Die Herstellung und Behandlung der hölzernen Tonarmrohe ist sicher auch ein entscheidender Faktor für ein erfolgreiches Tonarmprojekt. Wer sich Experimente mit unterschiedlichen Holzarten und Versiegelungen ersparen möchte, greift einfach zu CFK-Rohr von den eingangs genannten Vertrieben. Falls es dann zu Resonanzeffekten kommen sollte, muss eine geeignete Dämpfung eingebracht werden. Dies erfordert ein wenig Experimentierfreude, aber es lassen sich letztlich Tonarmrohre erzeugen, die exakt auf die Bedürfnisse des Tonabnehmers und Musikhörers zugeschnitten sind.
Im Bild 1 sind (von oben) Holzrohre aus Esche, Fernambuk (für bis zu 12 Zoll) und Königsholz (9-10 Zoll) zu sehen. Ersteres ist unbehandelt und wurde in etlichen Längen und ohne Schwierigkeiten von meinem (unaudiophilen) Schreiner gefertigt. Die beiden anderen Rohre lieferte Musical Life zu.
Wer es sich trotz dieser Bezugsquelle nicht nehmen lassen möchte mit diversen, Klangwunder bewirkenden Lacken, Wachsen und Ölen zu experimentieren - schliesslich betont ja auch Frank Schröder hier nach eigenen Rezepturen und Verfahren jeder Holzart den gleichen Klangcharakter aufzuprägen - sollte sich unter folgenden Link umsehen: Hammerl bietet Instrumentenlacke direkt vom Hersteller, wodurch sich x1000-prozentige highendige Preisaufschläge für die kleinen Fläschchen mit Ennemoser- oder C37-Aufdruck umgehen lassen.
Als besonders feines (im doppelten Sinne des Wortes) Tonarmkabel bin ich zufällig in der elektronischen Bucht gestossen. Dem hervorragenden und dazu noch bezahlbaren Tonarmkabel - Finewire C37 (Bild 2) habe ich daher auch einen eigenen Hörbericht gewidmet.
Justiert und spielbereit
Alles zusammengesteckt, Tonarmkabel provisorisch aussen auf das Tonarmrohr mit Klebefilm angebracht und los gehts...
Wie auf den Bildern zu erkennen, bin ich vorsichtig gestartet. Was bedeutet: Kurze Tonarmlänge, kleines Gegengewicht, Goldring Eroica und noch geringe Dämpfung - also Magnete noch vergleichsweise weit auseinander. Eine korrekte Justage war mit der Feickert - Einstellschablone ein Kinderspiel.