Gerade bei Lautsprechern gibt es viele aussergewöhnliche Konzepte, die oft auch zu aussergewöhnlichen Klangbildern führen. Diese treffen oft nicht den Massengeschmack und werden deshalb hier gesondert aufgeführt, da sie entsprechend auch keine allgemeingültigen Tipps sein können.
Höreindrücke - Lautsprecher
Spezial
Keine Breitbänder?
Manche mögen sich wundern, dass auf den vorangegangenen Seiten schon Lautsprecher mit Air Motion Transformer und sogar die Flächenstrahler von Magneplanars als "reguläre" Tipps aufgeführt wurden, aber nicht einmal in dieser Rubrik klassische Breitbänder und/oder Hörner vertreten sind. Selbstverständlich haben auch diese Konzepte ihre Berechtigung; allein durch den Umstand, dass diese sehr alten Konzepte nachwievor glühende Verehrer haben. Und wer den Sound seines Röhrenkopfhörerverstärkerchens an einem Hochwirkungsgrad-Breitbänder lieben gelernt hat, wird sich nur schwer für andere Konzepte erwärmen lassen. Ich muss zugeben, dass der spezielle Klang solcher Kombinationen auch mich schon nachdenklich gemacht hat. Die Dynamik und die feinen mikrodynamischen Abstufungen, die man bereits schon bei kleinen Lautstärken erleben kann, werden einem aufwendig gefilterten Vierwege-Lautsprecher mit Monster-Monoendstufen prinzipbedingt verwehrt bleiben. Ehe bei diesen alle Treiber impulsgenau und frei schwingen, müssen schon einige Ampere in sie "hinein gepumpt" werden. So muss ich zugeben, dass beispielsweise auch meine Visaton VOX 200 MHT High End einen kräftigen Antrieb benötigt, um "frei" aufspielen zu können. Bei mitternächtlichen Flüsterlautstärken kann sie ihre Qualitäten noch nicht vollständig entfalten.
Ein weiterer Vorteil von Breitbändern ist, dass sie näher am Ideal der Punktschallquelle sind als Mehrwegekonzepte. Die korrekte räumliche Darstellung fällt ihnen somit leichter. Bei Mehrwegekonzepten muss hierfür schon einiger Aufwand betrieben werden. Zudem müssen die einzelnen Treiber zueinander passen, damit tonal alles aus einem Guss tönt und nicht einzelne Chassis heraushörbar sind.
Also eigentlich einiges auf der "Habenseite" der Breitbänder-Fraktion. Wie nicht anders zu erwarten müssen diese aber mit nicht unerheblichen Nachteilen erkauft werden. Eine starke Richtwirkung zu höheren Frequenzen und fehlende Tiefbassfähigkeit (will man kein raumfüllendes Horn bauen) gehören noch zu den verschmerzbaren Nachteilen. Die meist sehr deutlichen Frequenzgangfehler (schlechte Tonalität) und die hohen Verzerrungen trüben mir persönlich die Lust auf derartige Konzepte nachhaltig. Wie stark diese Eigenschaften negativ auffallen hängt sehr vom eigenen Musikgeschmack und der subjektiven Empfindlichkeit solchen Fehlern gegenüber ab. Für mich habe ich noch keinen geeigneten Breitbänder gefunden und kann mir dies auch zukünftig kaum vorstellen. Wie empfindlich ich bereits gegenüber dem Klirr von Kalottenhochtönern bin, kann man unter Visaton VOX 200 MHT - Konzeptentscheidung unter "Hochtöner" nachlesen. Ich bin halt eine audiophile Mimose!
So ganz "ad acta" gelegt ist das Thema indes noch nicht: Den neuen B 200 von Visaton werde ich sicher einmal genauer unter die Lupe nehmen. Vielversprechende Messergebnisse und begeisterte Selbstbauberichte haben mich neugierig gemacht. Im weiteren zeigt beispielsweise das Modell WTB 1 von Acoustic Solid, über das ich auch im Messebericht High End 2005 - Acoustic Solid berichtet habe, was man abseits von der strengen "Einweg-" Doktrin mit einem Breitbänder sonst noch so machen kann. Auch dieser Lautsprecher zeigt oben beschriebene Nachteile eines Breitbänders, kaschiert diese aber gekonnt.
Jetzt aber die Tipps zum Selberhören und eigenem Urteil bilden:
Quad - ESL 989
Nicht nur für jene, die etwas besonderes suchen oder den üblichen Kisten überdrüssig sind, sei ein Quad ESL ans Herz gelegt. Im Gegensatz zu den Mehrwegekonzepten von Magneplanar ist der Quad ESL Flächenstrahler ein echter Breitbänder. Gemein ist beiden Konzepten, dass sie ohne Bassunterstützung durch einen Standardtieftöner auskommen, wie es beispielsweise die Martin Logans benötigen. Leider ist er bei Händlern selten anzutreffen - würde man dann die üblichen "Kisten" im direkten Vergleich nicht mehr verkaufen können?
Manger - Swing
Der Manger-Schallwandler war/ist ähnlich revolutionär wie Oskar Heils Air Motion Transformer. Auch beim Manger schwingt die Membran nicht hubkolbenförmig im Takt der Musik; der Manger ist ein sog. Biegewellenwandler. Oft wird der Klang von Lautsprechern mit dem Manger-Schallwandler als gewöhnungsbedürftig beschrieben. Andererseits liest man auch, dass nach einer Umgewöhnung auf den "Manger-Sound" diser als die realistischere Klangreproduktion empfunden wird und danach alle Hubkolbenwandler "falsch" klingen. Anhören scheint für den Hifi-Enthusiasten hier Pflicht zu sein. Einen entscheidenden Nachteil hat der Manger allerdings. Er ist nicht nur teuer, sondern nur für eine Wiedergabe bis hinunter zu ca. 100 Hz geeignet, was bedeutet, dass er im Tieftonbereich von einem Standard-Chassis unterstützt werden muss. Eine homogene Anbindung scheint aufgrund der unterschiedlichen Chassis-Eigenschaften hierbei nicht einfach zu sein. Manger bietet so auch fertige (Zweiwege-)Lautsprecher an, die auf den ersten Blick recht gewöhnlich anmuten und das Mangerchassis "lediglich" als besonders tief angekoppelten Mittelhochtöner nutzen. Mir erscheint daher das Modell Swing als eine nicht nur optisch gelungene Möglichkeit, die Vorteile des Manger voll zu nutzen. Einen ins Klangbild intregierbaren Subwoofer sollte man, dank vieler moderner und in weiten Teilen anpassbarer Heimkino-Subwoofer, finden können. Manger hat zudem einen eigenen - auch optisch passenden - Subwoofer im Programm.
Klang und Kunst - High End DesignSpeaker
Eigentlich handelt es sich hierbei "nur" um eine Subwoofer-Satelliten-Kombination aus "normalen" Hubkolbenschwingern, die in ein aussergewöhnliches Gehäuse verpackt wurden. Herr Bartl, der diese Eigenkreationen in seinem Hifi-Laden anbietet, tüftelt schon lange mit viel Herzblut an diesem Konzept und entwickelt es stetig weiter. Auch seine Kunden können diese Weiterentwicklung in Form von (nicht ganz günstigen) Updates mitmachen. Das Besondere an diesen Lautsprechern ist nicht nur ihre Optik, auch technisch hat Bartl sich etwas Eigenständiges einfallen lassen. Die Satelliten sind Breitbändern mit leichter und kleiner (hochtontauglicher) Konusmembran (Pödsius?), in resonanzunempfindlichen Gehäusen, die auf einen Kegel nach oben abstrahlen. Damit ist nicht nur eine annähernde Punktschallquelle erzeugt, sondern diese spielt zusätzlich noch als Rundumstrahler. Diese Eigenschaft macht sie sicher nicht ganz aufstellungsunempfindlich. Und auch der nicht allzutief ankoppelbare Subwoofer (denn besonders tief "gehen" die Satelliten sicher nicht) will richtig platziert werden - oder man nimmt gleich zwei!? Vom gelungenen Klangbild dieser Konzeption konnte ich mich schon überzeugen. Wenn man typische highfidele Bewertungskriterien anlegt, muss man attestieren, dass der DesignSpeaker nicht die analytischsten Höhen oder die tiefsten und straffsten Bässe erzeugt. Bei dem Musikgenuss über diese Lautsprecher vergisst man diese Kriterien indes schnell, von solcher Natürlichkeit und Lebendigkeit ist das Klangbild. Auch das Konzept mit den Breitbändern scheint aufzugehen, denn die Musik kommt so zwingend rythmisch und einfach richtig, als ob sie klar machen wolle, wie wichtig eine zeitrichtige Abstrahlung ist und wie schlecht diese von den meisten Mehrwegekreationen umgesetzt wird.