"Die bittere Erinnerung an eine schlechte Qualität währt viel länger als die kurze Freude über einen niedrigeren Preis".
Obiges Zitat von John Ruskin aus dem 19. Jahrhundert mahnte auf dem kleinen vergilbten Zettel über dem linken Lautsprecher (Bild 1) ja nicht zu knauserig beim Kauf von Audio Gerätschaften zu sein. Und sie haben ja Recht bei Audio Note: der nahezu universell verwendete Slogen für allerlei Güter und Dienstleistungen hat heute ganz sicher auch Gültigkeit für die Hifi Welt.
Bild 1: Feiner japanischer Retro-Chic aus England.
Bild 2: Wir glauben es ja - es sind nur 7 Watt. Mehr ist aus einer 300B Triode in Class-A Betrieb auch nicht rauszuholen.
Da der geneigte Interessent auf der hifideluxe längst dem heute üblichen Niveau von Handy-Speakern, Dockingstation und TV-Soundbars entwachsen ist, wurde er somit erst einmal auf die vermeintliche Preis-Würdigkeit der Geräte und Lautsprecher des britischen Hestellers aufmerksam gemacht.
Fassen wir also zusammen:
Turntable TT-2 - ca. ab 2.000 USD (ohne Arm und Tonabnehmer)
CDT Three CD Laufwerk - ca. 5.000 USD
DAC 2.1x - ca. 4.000 USD
Meishu Phono Vollverstärker - ab ca. 13.000 USD
AN-E Lautsprecher - ab ca. 6.000 EUR
Der Erkenntnisgewinn hält sich bei der Ännäherung über die Preiswürdigkeit in Grenzen, zumal es gar nicht leicht ist Preise für die Geräte von Audio Note in Erfahrung zu bringen. Die Webseite des deutschen Distributors Voigt Audiosysteme war zur Veröffentlichung noch nicht online und die hohe Variantenzahl unterschiedlicher Versionen von Geräten und Lautsprechern macht den Überblick noch schwieriger. Beispiele: Je nach verwendeter Bauteilequalitäten scheint der Meishu Vollverstärker mit Phono-Eingang zwischen 13.000 und über 20.000 USD zu kosten. Bei den Lautsprechern ist die Spreizung noch grösser: Von den besagten ca. 6.000 EUR für die einfachste Version des Zweiwegerichs kann man (angeblich) auch auf bis zu 120.000 EUR (ja, keine "Null" zu viel!) erhöhen, wenn man nur ausreichend edle Frequenzweichenbauteile und Verkabelungen wählt.
Womit wir uns der Materie nun doch wieder nähern. Obwohl Audio Note eine in England sitzende Firma ist merkt man ihr die japanischen Wurzeln noch an, als sie zu Audio Note Japan (heute: Kondo) gehörte. So stehen nicht neue Schaltungskniffe, Konzepte oder innovative Technologien auf der Prioritätenliste von Audio Note, sondern die immer weiter fortschreitende Perfektionierung erfolgreicher Konzepte. So gibt es die meisten Geräte schon seit vielen Jahren - nur eben weiterentwickelt oder um eine noch hochwertigere Version ergänzt. Der Lautsprecher AN-E geht beispielsweise auf das Model E aus den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts zurück und scheint sowohl im Design als auch des Konzeptes vor noch längerer Zeit stehen geblieben zu sein.
So handelt es sich beim AN-E Lautsprecher tatsächlich ein Hochwirkungsgrad-Lautsprecher mit angegebenen 95dB/W/m - schier unglaublich für einen 2-Wege-Lautsprecher - in einem teiweise mitschwingenden wenig gedämmten Gehäuse. Die verwendeten Chassis - eine Seidenkalotte und der bläuliche Konus aus Hanffaser - sind allerdings moderne Spezialanfertigungen von Seas aus Norwegen. Neben dem sehr optimistisch angegebenen Wirkungsgrad, überrascht auch der angegebene Frequenzgang ab 18Hz bei -6dB. Dem 20er Seas scheint für einen Tiefmitteltöner tatsächlich die Quadratur des Kreises zu gelingen.
Das ist auch notwendig; denn der Vollverstärker Meishu mit zwei 300B Trioden in ClassA Betrieb schafft maximal 7 Watt. Wie hoch hier bereits das Klirrniveau liegt war nicht heraus zu finden. Aber vielleicht zu hören?
Bei einer kurzen Hörprobe machte die Kette gar keinen unangenehmen Eindruck. Und die Ansatzlosigkeit und Luftigkeit mit der insbesondere kleine Ensembles und nicht zu komplexe Musik wiedergegeben wurde hatte schon etwas Einnehmendes. In dieser Hinsicht kann ich die begeisterten Anhänger von Hochwirkungsgradsystemen und Röhrenverstärkern schon verstehen. Meine Welt ist sie indes trotzdessen nicht, und daran konnte natürlich auch die eigentlich sympathische Audio Note Anlage nichts ändern.
18Hz hin oder her. Ein klassischer Tieftonspezialist angetrieben von einem mehrere Hundert Watt starken Verstärker mit hohem Dämpfungsfaktor kann einfach einen konturierteren, strafferen und pegelfesteren Bass erzeugen. Und wo andere gnädig über tonale Fehler ob der "Luftigkeit" weghören, ist mir tonale Richtigkeit bei akustischer Musik oberste Priorität um ein Instrument oder die Stimme eines Sängers auch als solche wahrzunehmen. Und: Nein, wenn der "gute" K2 Klirr mit steigender Lautstärke von 1 auf über 10 Prozent steigt, wird es in meinen Ohren nicht immer klangfarbenprächtiger, sondern einfach nur verzerrt. Obwohl Letzteres eher eine generelle Feststellung zu derartigen Verstärkern ist und gar nicht so ausgeprägt auf die Vorführung mit dem Meishu zutraf.
Fazit: Für Anhänger von Hochwirkungsgrad-Lautsprechern an Class-A Trioden ist Audio Note eine hochwertig verarbeitete und mit tollen Bauteilequalitäten bestückte Alternative zu den teureren japanischen Marken. Nichts für Tonalitätsfanatiker.
Rückblickend auf das Eingangs-Zitat, bleibt also weder eine bittere Erinnerung an schlechte Qualtität, sondern eher die Freude eine preiswertere Alternative zur japanischen Ex-Schwester in einer spezifischen Nische gefunden zu haben.