Ich muss zugeben, dass mir vor der hifideluxe keiner der Hersteller dieser Vorführung ein Begriff war. Bis auf Rike Audio, dem ich als Kondensator-Anbieter aus dem Selbstbaubereich schon einmal über den Weg gelaufen bin. Zur Zeit der Veröffentlichung dieses Berichtes ist auch kaum etwas im Netz zu Rike Audio, Tonmechanik Berlin oder TOS Lautsprechern zu finden (ohne Abbildung). Aber auch genau hierfür ist mir die hifideluxe Messe so lieb: Hier gibt es immer noch - und sogar insbesondere - kleine, feine Manufakturen zu entdecken, die uns Fachpresse und der verbliebene städtische Händler und Premiumpartner nicht bereits zu Genüge anbieten. Und soviel sei verraten: Hinsichtlch der klanglichen Qualitäten ist die Kette durchaus ernst zu nehmen, hinsichtich der aufgerufenen Preis schon wieder weniger.
Bild 1 und 2: Beim Rike Audio Sabine sind ausreichend Transformatoren verbaut, die nicht unerheblich "Schuld" am Gewicht von 60kg haben dürften.
Bild 3: Kugelausschnitte aus Multiplex auf Hifigeräte zu legen scheint einer aktuellen Mode zu folgen und wurde auch andernorts auf der Messe gesehen. Klingt bestimmt noch viel toller als die Klangsteine, informierte Aufkleber oder ähnliches derartiges Zubehör, das wir in den letzten Jahrzehnten möglichst augenzwinkernd beobachten durften.
Vorgeführt wurde ein von Tonmechanik Berlin überarbeiteter Thorens TD 124 an dem der schicke hauseigene Tonarm, dem seine historischen Vorbilder gut anzusehen sind (Bild 2 unten), über den wuchtigen Röhrenverstärker Sabine von Rike Audio (Bilder oben) an den rundstrahlenden Lautsprechern 5th Avenue von TOS, denen man auch optisch die Handschrift von Alfred Rudolf von Acapella ansehen kann (ohne Bild).
Wer hochwertige Kondensatoren bauen kann, kann auch gut klingende Röhrenverstärker bauen. Auch wenn das natürlich nur einen kleinen Teil der Wahrheit darstellt, ist es natürlich verlockend die eigenen ambitionierten Kondensatoren in ebenso ambitionierten Verstärkern zu verwenden. Und die 60kg schwere und mit 80.000 EUR preislich noch viel gewichtigere Sabine stellt nur den "kleinen" Verstärker von Rike Audio dar. Parallel hat man noch Monoendstufen mit ausgelagerten Netzteilen im Angebot. Das Edzard genannte Mono-Pärchen bringt dann schon 200kg auf die Waage und hat lt. Rike ein "sechsstelliges" Preisschild. Um den hohen Anspruch zu unterstreichen nennt sich Rike Audio ganz unbescheiden selber "Ultra-Highend made in Germany". Asiatische wie kyrillische Schriftzeichen auf der Webseite weisen dann auch deutlich darauf hin in welche Märkte man wünscht dererlei Extreme zu verkaufen.
Mich interessieren da mehr das technische Konzept und die klanglichen Qualitäten. Hinsichtlich der Technik lässt sich anhand der Bilder mutmassen, dass es sich bei den Treiberröhren um Kron 1605 single ended Typen handelt, die kleineren Typen könnten klassische 300 B Varianten sein. In Summe werden 2x 25W Ausgangsleistung angegeben - hier ist also von reinem ClassA auszugehen. Gepaart mit guten Bauteilequalitäten und sauber abgestimmt, kann so was sehr gut klingen. Wenngleich mich Derartiges bisher noch nie auf die Seite der Röhren-Jünger hat ziehen können.
Bild 1: Hierfür war Rike Audio bisher bekannt: hochwertige Kondensatoren.
Bild 2: Hübscher Tonarm von Tonmechanik Berlin. Auch der gepimpte Thorens kommt nicht ohne Klanghölzchen aus (hinten im Bild).
Tonmechanik Berlin bietet Service, Restaurationen und letztlich auch Verbesserungen für die allseits geliebten klassischen Thorens und Garrard Plattenspieler an. Zusätzlich werden noch eigene MC-Stepup-Transformatoren und ein eigener Tonarm angeboten, der nicht nur wegen seines, klassischen Vorbildern nachempfundenen gekröpften Armrohres und des Schnellverschlusses, gut zu den alten Plattenspielern passt, sondern auch mit tollem Finish aufwarten kann. Neben diesem Tonarm schickte Tonmechanik Berlin einen mit einer aufwendigen Zarge modifizierten Thorens TD 124 MKII ins Rennen.
Beim Lautsprecher 5th Avenue von Time of Sound (TOS) handelt es sich um einen rundstrahlenden Lautsprecher. Ähnlich bereits eablierten Konzept wie bsw. denen von Duevel strahlen hier zwei Tieftöner von oben und unten in eine mittige Öffnung, in die auch ein Mittel- und Hochtöner über eine reflektierende Fläche abstrahlen. Das Finish (leider kein Bild) erinnert mit schwarzen Hochglanzflächen und Wurzelholzapplikationen an Designs von Brodmann bzw. Bösendorfer. Der Preis beträgt 30.000 EUR.
Hinsichtlich der Wiedergabequalität im Hotelzimmer musste ich leider gleich im Pflichtteil einen Minuspunkt vermerken: Der Lautsprecher pumpt viel zu viel Tief- und Grundton in den Raum, wodurch der tonale Eindruck ein recht aufgedickter war. Freistehend in grossen Räumen sollte sich die 5th Avenue deutlich besser aufgehoben fühlen. Im Bezug auf ihre weiteren Wiedergabequalitäten lässt wiederum nur Gutes berichten. Wie zu erwarten mit grosser, aber auch sauberer Bühnenabbildung, gefiel mir auch das hohe Auflösungsvermögen und die insgesamt sehr luftige Wiedergabe und die, angesichts der "nur" 2x 25 Röhrenwatt, überzeugenden grobdynamischen Fähigkeiten.
Fazit: Insbesondere Rike Audio und auch TOS stellen ein sehr kostspieliges Vergnügen dar. Bei richtiger Aufstellung der Lautsprecher in ausreichend grossen Räumen entschädigen Sie aber mit schönen, weitgehend fehlerfreien Klangbildern. Tonmechanik Berlin ist ein Tipp für alle Garrard und Thorens-Liebhaber. Und: Klangschalen braucht kein Mensch.