Wie schon die beiden Jahre zuvor vermittelte auch in diesem keine andere Vorführung besser den Geist des Lautsprecher-Selbstbaus als die der IGDH. Nicht nur, dass es sich bei allen vorgeführten Lautsprecherprojekten - entsprechend dem Vereinsgedanken des IGDHs - um nicht-kommerzielle, private Kreationen handelt; auch die Vielfalt der Konzepte und der offene Austausch untereinander - wie auch beispielhaft im eigenen DIY-Hifi-Forum gelebt - sucht Seinesgleichen.
Zu einer festen Grösse in der deutschen Selbstbauszene hat sich zudem der DIY-Lautsprecher-Contest entwickelt, der seit 2007 nun schon zum fünften Mal stattfand. Unerschrockene Selbstbauer können Ihre Kreationen hier einer professionellen Jury zur klanglichen Bewertung vorstellen. Der 2011er Contest wurde in den Räumlichkeiten von Klang und Ton abgenommen, die ihrerseits auch zu den Sponsoren der Veranstaltung gehören. Die fünf bestplatzierten Lautsprecher wurden auf der Messe vorgeführt. Reichlich weiterführende Informationen zum Contest und den einzelnen Lautsprecher findet man im oben genannten Forum. Hier kann man sich auch direkt mit den Entwicklern austauschen. Mitmachen erwünscht.
Best DIY-Projects
Bild 1: Die fünft bestplatzierten Contest-Lautspecher auf einen Blick (v.r.n.l.): Al-Bundle, Intus SE, Mammut (grosses Horn im Hintergrund), Cantor und Maxi-AL.
Bild 2 und 3: Die Vorführanlage entsprach solidem Hifi-Standard.
Bild 4: Die Ergebnisübersicht des DIY-Contest samt Entwickler-Nickname und Durchschnittsschulnote.
Obigen Titel habe ich sogar gleich zweimal vergeben - und finde mich damit in guter Gesellschaft zur DIY-Contest-Jury, die ihrerseits in der objektivierten, wie auch in der "Bauchnoten-Entscheidung" bei den gleichen beiden Kandidaten gelandet ist, wie ich im Nachgang feststellen konnte. Schön, wenn man sich bei Gutem einig ist.
Angesichts meiner üblichen Vorlieben sind die beiden gekürten Konzepte allerdings schon eine Besonderheit; so kann ich üblicherweise mit den klanglichen Eigenheiten von Breitbändern und Hörnern wenig anfangen. Trotz der zweifelsohne vorhandenen Vorteile solcher Konzepte, ist mir die tonale Ausgewogenheit ein zu hohes Gut, um sie anderen Qualitäten zu opfern. Allein dieser Umstand zeugt von der hohen Entwicklungsreife der beiden Konzepte. Daher möchte ich diese nun mit einem kurzen Bericht würdigen.
Best DIY-Project "Horn" - Mammut
Bild 1: Die Optik der Mammut ist sicher Geschmackssache. Die Fertigung eines solchen Gehäuses samt Horn und Reflektor zollt einem allerdings grossen Respekt ab.
Bild 2: Der altehrwürdige Lowther Breitbänder strahlt durch ein Horn auf den durchsichtigen Reflektor ab.
Bild 3: Wie andere alte Breitbänder mit Schwirrkonus ist auch der Lowther PM4 eher ein biegeschlaffer Schwabbler als ein Hubkolbenschwinger. Was andernorts als böser Klirr und wegzudämpfender Membranaufbruch unerwünscht ist, gehört hier zur Nutzsignalerzeugung.
Bild 4: Ein interessantes Detail ist das über einen Schaumstoff vom Gehäuse entkoppelte Horn.
Bild 5: Die Mammut im Grössenvergleich zu einem "konventionellen" Lautsprecher - hier: die Al-Bundle.
Ich gebe gleich zu Beginn zu: Mein Titel "Best DIY-Project Horn" hat auch etwas mit dem Abgleich von Erwartungshaltung mit Gehörtem zu tun. So würde ich für meinen Geschmack die Mammut nicht zu meinen favorisierten Highend-Lautsprechern zählen; und bin mir auch nicht sicher, ob ich sie nach objektivierten Kriterien zum besten Contest-Lautsprecher küren würde. Der (sich trotzdem einstellende) Aha-Effekt funktionierte eher so:
Ein Breitbänder mit Horn - das kennen wir zu Genüge von der High End. Hoffentlich schreit der einen nicht allzu sehr an und der Kollege mit dem Lautstärkeregler kennt Gnade vor den, heute noch zu verwendenen, Trommelfellen.
Und dann noch son oller Lowther - da muss man den unkontrolliert klirrenden Schwirrkonus, die Biegewellen-Membran und die weiche, mitschwabbelnde Sicke gleich wieder als sog. Hochton akzeptieren.
Reflektierte Abstrahlung über ein freistehendes Acrylsegel - es wird immer schlimmer.
Tiefton aus 2 25er PA Chassis von IMG Stageline SP-10A/302PA - das passt nie zum Klangbild des Lowthers.
Abstimmung der passiven Frequenzweiche nach Gehör mit möglichst wenig Bauteilen - Gute Nacht.
Bei derart reduzierten Erwartungen konnte das Gehörte ja nur positiv überraschen. Nicht ganz. Natürlich habe ich nach tonalen Fehlern gesucht - und je nach Hörplatz auch kleinere bis grössere gefunden - aber welche Über-Alles-Qualitäten die Mammut bei unterschiedlichsten Musikmaterial umzusetzen vermochte, war schon sehr beeindruckend. Und so habe ich mich dann - ohne horntypische Ohrenschmerzen - durch meine komplette Test-CD gearbeitet und hierbei jedes Stück geniessen können. Was der Entwickler "Boxendoktor" hier ohne professionelles Equipment auf die Beine gestellt hat, beschämt so ziemlich jede vermeintlich modernere Hornkonstruktion, die ich bisher hören durfte/musste. In meinen Hörnotizen liesst sich das dann so:
Die Standard Tsching-Bumm Übung Jazz Variants der The O-zone Percussion Group von der Manger Test-CD meisterte die Mammut noch erwartungsgemäss mit Bravour. Knallige Grobdynamik und ein luftiges Klangbild ist für einen Breitbänder mit Horn noch eine vergleichsweise leichte Übung. Ein heller Frauensopran, der zudem ziemlich gnadenlos eingefangen wurde, tonal stimmig ohne Härten oder deutlich vernehmbaren Klirr wiederzugeben schon eine hohe Kunst. Chapeau. Auch ein anspruchsvoller Blues Titel der Bruce Katz Band wurde schön luftig, dynamisch und tonal vertretbar wiedergegeben. Einzig der Oberbass kam mir an meinem Hörplat etwas zu dick und die E-Gitarre ein wenig zu zerrig vor.
Den gleichen Eindruck hatte ich auch bei einem abwechslungsreichen Stück vom Yuri Honing Trio und einem fett abgemischten Elektronik Titel: Etwas dicker nicht perfekt konturierter Oberbass, aber gute Grobdynamik und Auflösung. Einzig echten Tiefbass kann die Mammut nicht. Bei komplexen Passagen könnte die Bühnendarstellung zudem präziser bleiben. Aber das ist nun schon Kritteln auf hohem Niveau.
Best DIY-Project "Breitbänder" - Maxi-AL
Bild 1: Die Maxi-AL ist ein sehr kompakter Lautsprecher.
Bild 2: Der zur Breitbandigkeit überredete 15er von Fountek ist eigentlich ein Tief-Mitteltöner.
Bild 3 und 4: Im Nahfeld geriet die Bühnenabbildung besonders beeindruckend.
Bei der Maxi-AL funktionierte das Küren zum "Best DIY-Project Breitbänder" wieder über einen gewöhnlicheren Weg: Sie ist einfach ein guter Konpaktlautsprecher.
Naja, ganz so simpel kam auch hier die Nominierung nicht zustande. Auch bei der Maxi-Al haben einige Besonderheiten den Ausschlag gegeben: Zum Einen ist sie extrem günstig aufzubauen, und zum Anderen erwartet man kaum ein so komplettes und ausgewogenes Klangbild aus einem einzelnen Chassis. Der chinesische Hersteller Fountek bietet den verwendeten FW-146 sogar nur als kleinen Tief-Mitteltöner an, der bis maximal 4.500 Hz eingesetzt werden soll. Das, mit einem deutschen Verkaufspreis von ca. 28 EUR, sehr günstige Chassis hat (angeblich) eine Alumembran. Solche Metallkonusse haben gemeinhin die Eigenschaft, ausserhalb ihres hubkolbenschwingenden Einsatzbereiches in fiese (und sehr laute) Membranresonanzen aufzubrechen und hierbei unerträglich zu klirren. Der FW-146 hat allerdings auch ausserhalb seines angedachten Einsatzbereiches so niedrige Verzerrungen, die zudem sehr schnell ausschwingen, dass sich Hoschibill wohl gedacht hat, den könne man auch einmal ohne Tiefpass laufen lassen.
Und siehe da: Die verbleibenden Membranverzerrungen kann man sich durchaus anhören. Der kleine Tiefmitteltöner ist ein genauso guter Breitbänder, wie andere hierfür offiziell ausgewiesene Chassis. Mit +/-3,6mm Hub und einer vernünftigen Bassausbeute in ventilierten Gehäusen bis ca. 50 Hz kann man also schon einen schönen Vollbereichslautsprecher bauen. Und genau das hat Hoschibill dann auch getan.
Hier also meine Hörnotizen:
Ungewöhnlich komplettes, breitbandiges und sogar tonal ausgewogenes Klangbild. Luftige und räumlich gut gestaffelte Bühnendarstellung. Inbesondere im Nahfeld mit einer guten dreidimensionalen Ortung versehen. Nachdem man im Brillianzbereich erwartet nur Verzerrungen zu hören, verblüfft die Hochtonauflösung geradezu. Sie ist zwar nicht aussergewöhnlich fein, tut aber nicht weh. Will sagen: Ich kenne etliche als Breitbänder ausgewiesene Chassis, die deutlich härter oder auffallend zerrig im Hochton klingen. Die Maxi-AL bleibt eher auf der sanften angenehmen Seite. Das würde ich mir bei manch anderem Breitbänder auch eher so wünschen. Den Titel Bauchnoten-Gewinner des Lautsprecher Contests kann ich voll und ganz unterstützen.
Wer jetzt Lust auf einen einfach zu bauenden, bezahlbaren (ohne Gehäuse ca. 130, mit ca. 160 EUR - pro Paar wohlgemerkt) und ausgewogen klingenden Zweitlautsprecher bekommen hat, den verweise ich gerne auf die ausführliche Anleitung des Entwicklers (inkl. Gehäusezeichnung und Stückliste) unter Hoschibill`s Homepage.
Weiterführende Links:
Mittlerweile ist die Maxi-AL schon zu einem kleinen Phänomen geworden. Einige Gehäuseabwandlungen wurden entwickelt und sogar in der Klang und Ton vorgestellt. Eine der Interessantesten ist die EarlGray von Theo (Hifi-Selbstbau).
Cantor
Bild 1 und 2: Bernd stellte die Cantor kurz vor.
Bild 3: Klassische 12- und 18db Weiche mit guten, aber nicht zu kostspieligen Bauteilen.
Bild 4: Durch die niedrige Trennfrequenz und den geringen Abstand der beiden Mission CP-168 Tief-Mitteltöner entsteht beinahe eine echte D´Appolito-Anordnung. Das hat Seltenheitswert.
Bild 5: Die günstige Keramikkalotte kommt vom taiwanesischen Spezialisten Tang Band.
Die Cantor ist ein Gemeinschaftsprojekt von Bernd und Marcus, dass aufgrund des kleinen Hochtöners mit tiefer Trennfrequenz von 2.000 Hz nahezu eine echte D`Appolito Anordnung erreicht. Das verspricht auch inder Vertikalen ein besonders breites Abstrahlverhalten ohne Interferenzeffekte.
Bemerkenswert ist an der Cantor, dass Sie ein sehr erwachsen aufspielender grosser Standlautsprecher ist, der aufgrund preiswerter Bauteileauswahl schon für gut 100 EUR pro Seite ohne Holz darstellbar ist. Wenn man die 25er Kalotte des taiwanesische Herstellers Tang Band von der Papierform her betrachtet muss man trotz der günstigen 38 EUR für die 25-1719S auf nicht einmal Verzicht üben. Mit einem Neodymmagneten ausgestattet, guter Verarbeitungsqualität und Praxis gerechten Parametern, stellt sie einen hochinteressanten Einstieg in die Welt der Keramikkalotten dar.
Wenn man sie denn nicht zu vorlaut spielen liesse. Und das ist auch schon der einzige, wenn auch mich stark störende Kritikpunkt an der Cantor. Ihr Hochton ist einfach zu vorlau, wodurch Stimmen kopflastig, der Grundton vergleichsweise zu dünn, und das Klangbild in Summe einfach zu hell wirken.
Schade, denn die restlichen Qualitäten des Lautsprechers überzeugen durchaus. Am anderen Frequenzende geht die Cantor gefühlt tief in den Basskeller und stellt so auch Orgelmusik authentisch in den Raum. Auflösung und Bühnendarstellung sind zudem ebenfalls gut. Mit einem anders dimensionierten Spannungsteiler vor dem Hochtöner würde die Cantor sicher auch mir Spass machen.
Al-Bundle
Bild 1 bis 3: Die Al-Bundle wäre aufgrund ihrer kompakten Abmessungen und des breiten Abstrahlverhaltens auch als Kompaktlautsprecher oder Center denkbar.
Bild 4: Der preiswerte Koax OmnesAudio CX 3.0 ist mit seinem flachen Alumitteltöner ein hochinteressantes Chassis.
Bild 5: Beim Bild der abendlichen Vorführung war nur der Dynamikumfang der Kamera am Ende - der Al-Bundle kann man diesbezüglich nichts ankreiden.
Herzstück der Al-Bundle ist das interessante und zudem mit 45 Euro recht preiswerte Koax-Chassis OmnesAudio CX 3.0, das in Deuschland über blue planet acoustic vertrieben wird. Als Tieftöner kommen zwei Wavecor SW 178 WA01 zum Einsatz, die aufgrund der niedrigen Trennfrequenz von 350 Hz zum 80mm Alu-Mitteltöner des Koax in echter(!) D`Appolito-Anordnung zum Einsatz kommen. Das Konzept verspricht also ein exemplarisch gutes Abstrahlverhalten für einen 3-Wege-Lautsprecher und erinnert ein wenig an die in 2010 vorgestellte Linea.
Bei einem kurzen Hörcheck konnte die, auch optisch schicke, Al-Bundle gut gefallen. Ausgewogen, tonal stimmig, gut aufgelöst - ohne echte Kritikpunkte in den Hörnotizen.